Für welche Leistung willst du denn bewundert werden? Spiel' dich mal nicht so auf! Wir IB'ler sind genauso kleine Zahnräder wie alle anderen auch. Dein Economic Impact ist auf Analysten und Assoc.-Ebene nicht größer als der eines jeden Sachbearbeiters in einem Konzern. Nur weil du irgendwann Milliardendeals betreuen darfst und etwas mehr zulieferst, als zwei Seiten aus dem Pitchbook und eine Corp. Valuation in Excel, bist du weder in irgendeiner Art und Weise besser oder schlechter als deine Bekannten vom Dorf.
Und denkst du ernsthaft, nur weil du den Advisory Part übernimmst, ist dein Einfluss bei einem M&A Deal größer? Was ist mit den wahren "Umsetzern" in der Linie, den Implementierern, den IT'lern, Lawyern etc.? Du bist nur ein Zahnrad, was gemessen an absoluten Zahlen etwas näher an dem Blatt Papier mit schwarzer Farbe riechen darf.
Nur weil wir 18 hours p.d. arbeiten, arbeiten wir nicht härter als andere, sondern de facto nur länger. Was sagt der Maurer, der 8 Stunden offiziell + 4 Stunden schwarz arbeitet? Für mich arbeitet dieser Mensch härter als du und ich. Was sagt die Effizienz? Von 18 Stunden sind 90% der MA Minimum! 5-7 on hold und machen nur Facetime/Mülltonnenbefüllung
Machen wir uns nichts vor: Die Branche wahrt den elitären Schein aufgrund konservativer Eitelkeit. Die Effizienz des Prozesses geht nicht unbedingt verloren, wenn ein Schaf durch Zwei ersetzt wird.
Gesellschaftlich bzw. sozial gesehen ist die Priorität des Erstrebenswerten für viele Leute zudem unterschiedlich bzw. anders verteilt. Das solltest du mit fortschreitender, geistiger Reife akzeptieren. Jemandem fehlenden "Horizont" zu unterstellen, weil er sich nicht für eine pseudo-elitäre, praktische Tätigkeit im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften entschieden hat, die zudem auch noch unter unnötig langen Arbeitszeiten leidet, impliziert eher eine geistige Beschränkung in deinem Charakter. Auch empathisch gesehen solltest du wissen, dass unser Business nun einmal durch steigende Polemik verrufen ist. Allerdings wird jedes Klischee durch die akkumulierte Oberflächlichkeit der Masse in unserem Beruf auch wiederum bedient.
Du bist ein Schaf! Genau wie ich. Wer sind für mich die wahren Hirten oder - wenn du schon bei solchen Vergleichen bleiben willst - Löwen, die den Horizont erkunden? Sicher nicht diejenigen, die Tag ein, Tag aus etwas länger im Hamsterrad laufen, dass noch etwas größer als das Durchschnittliche ist. Die wahren Performer sind diejenigen, die das Hamsterrad von außen begutachten oder konstruieren. Das kann der selbstständige Handwerker mit gutem Betrieb, der Gründer allgemein, ein einflussreicher Politiker/der Beamte bei der EZB sein, aber sicher kein durchschnittlicher IBler. Vor allen Dingen nicht in FFM. Die Hochfinanz wird erst interessant, wenn man auf den Hierarchiestufen ankommt, die es auch in anderen Wirtschaftszweigen gibt (dazu zählt auch nicht der "durchschnittliche" MD. Wo also auch andere Menschen ohne 18 Stunden am Tag hinkommen.
Was erwartest du nach 10 Jahren? Den Einfluss eines Dibelius'? Nein, in Deutschland bleibst du zu 99,9% ein Ibler mit etwas mehr Geld und die Szene wird dich nicht auffangen, wenn du einmal abstürzt. Dann kommt die Verwunderung, warum dich der Ex- Big4ler bei der Stelle für den Abteilungsleiterposten im Konzern aussticht.
Hab daher auch in Bezug auf deine Freunde Respekt vor Leuten, die einen anderen Weg einschlagen als du. Vergiss nicht, dass viele mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht weniger intelligent sind als du, sondern nur andere Prioritäten haben. Wenn du diesen Respekt in Kombination mit ausreichender Empathie und Bodenständigkeit ausstrahlst, wird dich keiner als den karrieregeilen Banker verurteilen.
Grüße aus der Junghofstrasse.
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