Vermögensbildung für Berufseinsteiger 1 - Grundlagen
Ob Vermögenswirksame Leistungen, Riester-Rente, Bausparen oder Aktienanlage: Finanzielle Vorsorge ist für jeden Berufseinsteiger ein wichtiges Thema. Wir zeigen, welche Anlageformen am günstigsten sind. Im ersten Teil der Serie geht es um Rendite, Risiko und Flexibilität bei der Vermögensbildung.
Grundsätzliches zur Vermögensbildung
Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass die gesetzliche Rentenversicherung für die heute 25- oder 30-Jährigen nicht mehr sicher ist. Wer seinen Lebensstandard langfristig sichern will, kommt daher um eine ausreichende private Vorsorge nicht mehr herum. Auch wenn jene, die sich jetzt im Studium oder am Anfang des Joblebens befinden, oft als »Generation der Erben« bezeichnet werden, sollte man sich nicht unbedingt darauf verlassen, dass die Eltern einem hier einen einen Teil der Arbeit abnehmen. Was man selbst in der Hand hat, kann man auch selbst gestalten. In unserer neuen Serie in Zusammenarbeit mit der Akademischen Arbeitsgemeinschaft erfahrt ihr, welche grundlegenden Aspekte bei der Vermögensbildung für Jobstarter eine Rolle spielen.
Aus dem Freundeskreis kennt ihr wahrscheinlich das Argument: »Ich bin noch jung und habe noch so viel Zeit, mich mit Vermögensthemen zu beschäftigen. Jetzt will ich erst mal richtig gut leben.« Leider unterschätzen die meisten Leute den Zeitfaktor bei der Vermögensbildung. Seht selbst, welche gewaltigen Auswirkungen sich hierdurch ergeben: Aus einer monatlichen Einzahlung von Euro 100,00 werden bei 7 % Rendite pro Jahr
- nach 1 Jahr 1.246,00 Euro (0,50 %)
- nach 5 Jahren 7.163,00 Euro (2,88 %)
- nach 10 Jahren 17.208,00 Euro (6,92 %)
- nach 15 Jahren 31.298,00 Euro (12,59 %)
- nach 20 Jahren 51.060,00 Euro (20,54 %)
- nach 25 Jahren 78.777,00 Euro (31,68 %)
- nach 30 Jahren 117.651,00 Euro (47,32 %)
- nach 35 Jahren 172.174,00 Euro (69,24 %)
- nach 40 Jahren 248.646,00 Euro (100,00 %)
Die Prozentangaben sagen aus, welcher Anteil der Sparleistung nach 40 Jahren zum jeweiligen Zeitpunkt erreicht war. Man sieht: Nach 20 Jahren, also der Hälfte des Zeitraums, waren erst gut 20 % des Endvermögens erreicht, nach 30 Jahren noch nicht einmal die Hälfte. Das bedeutet auch: Bei einem 40-Jahres-Sparplan mit 7 % Rendite wird mehr als die Hälfte des Endvermögens erst in den letzten zehn Jahren gebildet! Das bedeutet: Zeit ist Geld - also so früh wie möglich mit dem Ansparen beginnen.
Rendite
Natürlich kostet eine erfolgreiche Strategie für die Vermögensbildung einiges an Zeit und manchmal auch an Nerven. Viele Anleger gehen deshalb den Weg des geringsten Widerstands und lassen sich mit Standardlösungen abspeisen. Ob eine Kapitalanlage nun 6 % oder 7 % Rendite erbringt, scheint nicht so wichtig, wenn man schnell zum vermeintlich guten Ende kommt und sich nicht intensiv mit einem Thema befassen will. Doch auch hier gilt die alte Weisheit: »Kleine Ursache, große Wirkung«. Geringe Unterschiede in den Renditen machen auf wenige Jahre in der Tat nicht viel aus. Aber Vermögensbildung ist eine langfristige Angelegenheit, und deshalb ist ein genauer Vergleich der Ertragsaussichten von Kapitalanlagen ein absolutes Muss.
Aus einer monatlichen Einzahlung von 100,00 Euro werden | ||||
x | bei 6 % Rendite pro Jahr (in Euro) |
bei 7 % Rendite pro Jahr (in Euro) |
Mehrertrag in Euro |
Mehrertrag in Prozent |
nach 1 Jahr |
1.239,00
|
1.246,00
|
7,00
|
0,56 %
|
nach 5 Jahren |
6.984,00
|
7.163,00
|
179,00
|
2,56 %
|
nach 10 Jahren |
16.331,00
|
17.208,00
|
877,00
|
5,37 %
|
nach 15 Jahren |
28.839,00
|
31.298,00
|
2.459,00
|
8,53 %
|
nach 20 Jahren |
45.577,00
|
51.060,00
|
5.483,00
|
12,03 %
|
nach 25 Jahren |
67.977,00
|
78.777,00
|
10.800,00
|
15,89 %
|
nach 30 Jahren |
97.953,00
|
117.651,00
|
19.698,00
|
20,11 %
|
nach 35 Jahren |
138.068,00
|
172.174,00
|
34.106,00
|
24,70 %
|
nach 40 Jahren |
191.750,00
|
248.646,00
|
56.896,00
|
29,67 %
|
Was als Mehrertrag auf zehn Jahre mit nicht einmal 1.000,00 Euro und gut 5 % eher bescheiden aussieht, beträgt nach 30 Jahren rund 20.000,00 (über 20 %) und nach 40 Jahren fast 57.000,00 Euro (fast 30 %). Das wird in 40 Jahren natürlich nicht mehr der Gegenwert eines Luxusautos sein, aber bei »normalen« Preissteigerungsraten von 2 % bis 3 % pro Jahr reicht das immer noch für einige schöne »Extras« im Ruhestand. Allein das sollte Grund genug sein, sich ausführlich mit dem Thema »Rendite« zu beschäftigen.
Risiko
In engem Zusammenhang mit den Ertragsaussichten einer Kapitalanlage steht das Risiko. Hierunter kann man sich allgemein vorstellen, wie stark der Wert einer Kapitalanlage schwanken kann und wie wahrscheinlich Verluste sind. Auch die Frage, wie hoch mögliche Verluste ausfallen können, gehört zu diesem Thema.
Beispiel: Unterschiedliche Risiken
- Man legt das Geld auf ein Sparbuch bei der Hausbank. Diese zahlt pro Jahr 2 % Zinsen. Diese Erträge sind nahezu vollkommen sicher. Selbst wenn die Bank zahlungsunfähig wird, erhält man sein Geld, da hierfür in Deutschland eine Art »Versicherung« besteht. Man kann für sein Geld aber auch Aktien der Reich AG kaufen. Diese stehen heute bei 100,00 Euro. Wenn die Firma sich gut entwickelt, ist die Aktie in einem Jahr voraussichtlich 150,00 Euro wert, und man hat eine Rendite von 50 % erzielt. Macht das Management Fehler oder sind die Produkte nicht wettbewerbsfähig, ist die Firma in einem Jahr womöglich insolvent und die Aktien sind wertlos. Im Vergleich zum Sparbuch ist diese Kapitalanlage offensichtlich riskanter.
Es liegt auf der Hand, dass man für ein höheres Risiko einen höheren Ertrag fordern wird bzw. dass man für überdurchschnittliche Erträge auch zusätzliche Risiken eingehen muss. Versprechungen wie »sichere 15 % Rendite pro Jahr« kann man getrost vergessen - hier sind Anlagebetrüger auf der Suche nach leichtgläubigen Opfern. Als »sicher« gelten in Deutschland die Renditen von Staatsanleihen erster Qualität, z.B. von Deutschland oder Frankreich. Hier sind im langjährigen Durchschnitt etwa 5 % bis 6 % pro Jahr zu erzielen - allerdings mit fallender Tendenz in den letzten zehn Jahren!
Alles, was man darüber hinaus an Rendite erreichen will, ist eben nicht mehr »sicher«, sondern nur über entsprechende Risiken machbar. Das Risiko einer Kapitalanlage wird heute meist mit einer statistischen Maßzahl beschrieben, der so genannten »Standardabweichung«. Sie gibt an, wie stark der Wert einer Kapitalanlage um einen bestimmten Mittelwert schwankt:
- Eine hohe Standardabweichung steht also für hohe Schwankungen und damit hohe Risiken (aber auch Chancen!).
- Eine niedrige Standardabweichung steht für eine relativ gleichmäßige Wertentwicklung mit geringen Ausschlägen nach oben und unten.
Risiko ist nicht von vorneherein etwas Gutes oder etwas Schlechtes. Letztlich kommt es immer darauf an, dass Ertrag und Risiko einer Kapitalanlage, die so genannten »Ertrags-Risiko-Relation«, in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Hierfür gibt es keine für jeden Anleger gültige Regel. Was der eine für sich noch als »ausgewogen« ansieht, ist dem anderen bereits zu »heiß«. Hier kommt es immer auf die persönliche Risikobereitschaft an.
Flexibilität
Ein wirkungsvolles Vermögenskonzept passt sich den individuellen Bedürfnissen an - und nicht die Bedürfnisse an das Vermögenskonzept. Das bedeutet natürlich nicht, dass man über seine Verhältnisse leben könnte und nur das richtige Konzept benötigt, um am Ende trotzdem Millionär zu werden. Vermögensbildung heißt immer sparen, und sparen heißt immer, heute auf etwas zu verzichten, um sich in Zukunft mehr leisten zu können. Mit »Anpassung an die Bedürfnisse« ist vielmehr gemeint, dass geänderte Lebensumstände es nötig machen können, dass man vorübergehend weniger oder auch mehr spart:
- eine neue Stelle mit höherem Einkommen,
- ein Auslandsaufenthalt,
- die Geburt von Kindern,
- der Wunsch nach einem eigenen Haus, aber auch
- vorübergehende Arbeitslosigkeit oder längere Krankheit usw.
Eine »flexible« Kapitalanlage gibt einem genau diese Möglichkeiten, und zwar ohne negative Auswirkung auf die Rendite. Daher sollte man bei allen Kapitalanlagen immer mindestens zwei Faktoren bedenken:
- Bei zeitlicher Flexibilität kann man relativ kurzfristig aus Kapitalanlagen aussteigen. Man sollte also insbesondere bei Verträgen mit längerer Laufzeit auch immer danach fragen, wie hoch die Auszahlungen sind, wenn man vorzeitig kündigt, bzw. ob überhaupt eine vorzeitige Kündigung möglich ist. Gerade die weit verbreiteten Kapitallebensversicherungen sind hier ein besonderes Negativbeispiel: Die Rendite in den ersten Jahren ist sehr dürftig, und wer schnell an sein Geld muss, hat oft deutliche Verluste.
- Bei betragsmäßiger Flexibilität kann man vorübergehend sowohl höhere als auch niedrigere oder sogar keine Sparraten zahlen. So hat man bei Fondssparplänen die Möglichkeit, Einmaleinzahlungen (z.B. Jahresprämie) zusätzlich zu laufenden Sparraten zu leisten, und kann meist sehr zügig die laufenden Raten erhöhen oder verringern oder sich auch einen Teil oder das ganze Guthaben auszahlen lassen. In allen Fällen hat man keine oder nur geringe Einbußen an Erträgen, also: eine hohe Flexibilität.
Hinweis |
Diese Serie präsentiert euch WiWi-TReFF in Zusammenarbeit mit den |
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