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Anlage, Aktien & VermögenChatbots

Chatbots für Broker

Wie kann ein Conversational-User-Interface mit KI-Funktionalität die Ansprache, Konvertierung und Aktivierung von Tradern unterstützen? Evgeny Sorokin ist Leiter der R&D-Abteilung bei Devexperts, einem Entwickler von Handelsplattformen und Finanzmarktdaten-Lösungen. Er gibt einen Überblick über die Möglichkeiten, die Chatbots als neuer Kommunikationskanal bieten.

Trading: Chatbots für Broker

Chatbots auf dem Vormarsch
Ob Facebook, WeChat, WhatsApp, Viber oder Telegram – die meisten Menschen nutzen heute mehr als eine Messaging-Anwendung auf ihren Smartphones und Computern. Zahlreichen Berichten zufolge verbringen sie den größten Teil ihrer Online-Zeit mit Chatten. Kein Wunder: Der Anteil der Millennials und der „Generation Z“ wächst immer weiter.

Einige Unternehmen arbeiten seit vielen Jahren mit Chat-Programmen, virtuellen Assistenten und Messengern auf ihren Websites, eigenen Seiten sowie in den sozialen Medien (Facebook, Twitter). In der Vergangenheit wurden Chats aufgrund ihrer offensichtlichen Vorteile häufig als zusätzlicher Kundensupport verwendet: Jedes Gespräch wird aufgezeichnet, die Protokolle können durchsucht werden und der Nutzer hat die Möglichkeit, zusätzliche Infos im Internet zu recherchieren, bevor er antwortet. Viele Nutzer ziehen es vor, über eine Chat-Oberfläche zu kommunizieren, statt sich per Telefon im direkten Gespräch auszutauschen.

Der nächste Schritt ist der Einsatz von Chats zur Unterstützung des Vertriebsprozesses. Doch wie bei anderen Kommunikationskanälen wächst der Personalaufwand zur Bearbeitung der Anfragen immer stärker, je mehr Nutzer hinzukommen. Automation könnte die einzig sinnvolle Lösung sein. Die Technologie, mit der Chats automatisiert werden, sind Chatbots. Möchte ein Unternehmen jüngere Zielgruppen ansprechen, ist es heutzutage noch wichtiger, per Chat erreichbar zu sein – da bilden Finanzunternehmen und ihre Trabanten keine Ausnahme.

Was einen Chatbot ausmacht

  1. Ein Chatbot ist scheinbar einfach zu implementieren
    Es scheint nicht schwer, einen Bot einzusetzen: Die Entwicklung einer Nutzeroberfläche entfällt, da die vorhandene Messenger-Plattform verwendet werden kann. Doch ein einfacher, regelbasierter Chatbot (wie bei FAQs) hat für den Nutzer nur begrenzte Vorteile. Von solchen Chatbots wimmelt es im Internet.
     
  2. Ein Chatbot ist einfach in der Anwendung
    Chatbots benötigen keinerlei Installationsaufwand. Der Nutzer muss weder Zugriffsrechte vergeben noch irgendwelche komplizierten Schritte einleiten: Er nimmt den Chatbot einfach in seine Kontaktliste auf. Das können sich Unternehmen zunutze machen und den Kommunikationskanal aufgreifen, den ihre User bereits verwenden.
     
  3. Nutzer verstehen intuitiv, wie sie mit einem Bot umgehen müssen
    Chatbots verstehen, was der Nutzer will, und gehen mit Anfragen anders um als die Suchfunktion auf einer Unternehmenswebsite: Sie sorgen für eine schnelles Erfolgserlebnis.
     
  4. Chatbots bieten eine individuelle Kommunikation, die über die üblichen Antworten hinausgeht
    Die Kommunikation mit Chatbots findet in einem sehr intimen Rahmen statt: im Eins-zu-eins-Chat, Hier wird der Chatbot eines Unternehmens als Kontakt in der Freundesliste des Nutzers angezeigt. Diese Tatsache suggeriert, dass er ähnlich vertrauenswürdig ist wie Freunde und Bekannte.

Welche Vorteile haben Chatbots für Finanzunternehmen?
Finanzinstitute sind bekanntermaßen eher konservativ. Ihre Chatbots beschränken sich meist auf FAQs und grundlegende Informationen zum Konto des Verbrauchers wie etwa den Kontostand. Broker-Firmen bieten via Chatbot üblicherweise Kursbenachrichtigungen oder allgemeine Informationen zu Marktbedingungen und aktuellen Trading-Positionen an.

Doch Chatbots verfügen über ein viel größeres Potenzial. Conversational-User-Interfaces, also chatgestützte Nutzeroberflächen, müssen technisch komplexer werden – denn ein einfacher FAQ-Dienst reicht nicht aus, um den Kunden zu halten und qualifizierte Leads zu generieren. Bots zielen eher auf die Kommunikation als auf das tägliche Geschäft ab. Sie sind für Introducing Broker vorteilhaft, die prozentual am Trading-Volumen und der Conversion Rate beteiligt werden. Im Gegensatz zu Einweg-Kommunikationskanälen wie RSS, erfahren Chatbot-Besitzer mehr über ihre Nutzer.

Sie können

Nach der Bearbeitung der Trader-Anfragen besteht die Möglichkeit, die zusammengefassten Anfragen zu analysieren und entsprechende Aufforderungen, News oder Hinweise auf Trading-Möglichkeiten zu versenden.

Wenn beispielsweise ein Trader innerhalb eines bestimmten Zeitraums immer wieder Marktdaten zu Kryptowährungen erfragt, wäre es wichtig, ihm einen Link zur Eröffnung eines Kontos und zum Handel mit Kryptowährungen bereitzustellen.

Chatbots können aber nicht nur zur Werbung neuer Daytrader eingesetzt werden. Sie lassen sich auch in das CRM- und Backoffice-System eines Brokerhauses integrieren, um den Kunden noch stärker einzubinden und Anreize zu schaffen.

Wenn gleich zu Beginn eine Kommunikationsform zum Einsatz kommt, die dem Gespräch zwischen zwei Menschen ähnelt, erzeugt dies die Illusion, verstanden zu werden. Selbst wenn die Interaktionen bislang ziemlich oberflächlich sind, sorgen sie letztendlich für höhere Conversion- und Aktivierungsraten.

So können Broker Chatbots einsetzen

 

Szenarien für den Einsatz von Chatbots

  1. Szenario:
    Der Nutzer konfiguriert eine Meldung, etwa „Benachrichtige mich, wenn ein Bitcoin weniger als 5.000 USD wert ist“. Tritt dieser Fall ein, benachrichtigt der Chatbot den User und sendet ihm zudem eine Aufforderung: „Möchten Sie jetzt mit Bitcoins handeln?“ Mit anderen Worten: Jedes vom Nutzer geäußerte Interesse an einem Finanzinstrument zieht eine Handlungsaufforderung nach sich, die die Transaktion erleichtert.
     
  2. Szenario:
    Mithilfe von Chatbots können neue Geschäftspotenziale entdeckt werden. Der Trader fragt beispielsweise: „Welche US-Aktien hatten in den letzten drei Monaten die besten Performance?“ Der Chatbot zeigt daraufhin eine Zusammenfassung an, die dem Nutzer als Entscheidungshilfe dient.
     
  3. Szenario:
    Im dritten Beispiel kann der Chatbot, der an eine Trading-Plattform angeschlossen ist, das Engagement des Traders auf dem Markt analysieren und vor potenziellen Gefahren warnen. Etwa: „Die Nonfarm Payrolls werden heute um 13:30 MEZ veröffentlicht und voraussichtlich eine starke Volatilität auf den Märkten verursachen. Möchten Sie Ihre Positionen jetzt verwalten?“

Chatbots handeln intelligent. Sie kennen die Einlagenhistorie des Nutzers, die offenen Positionen und die anderen persönlichen Informationen, mit denen sie den User gezielter zum Handeln auffordern können. „Ihr Kapital beträgt 1.040 USD. Sollte sich der Markt um 100 Pips bewegen, wird Ihre Position „#123 1 Lot EUR/USD à 112345 kaufen” geschlossen. Möchten Sie Ihr Konto aufstocken, um dies zu vermeiden? Es wird ein Betrag in Höhe von 450 USD vorgeschlagen.“ Chatbots können problemlos berechnen, wann die Position geschlossen wird, da sie Zugang zu den Informationen über das Kapital und den Einschusssatz des Nutzers haben.

Darüber hinaus können Bots allgemeine Nachrichten an ein breiteres Publikum senden: „Der Präsident der Zentralbank spricht heute um 15:15 Uhr, vergessen Sie nicht aufzustocken!“
 

Fazit
Alles in allem wirkt sich ein technisch ausgereifter Bot positiv auf die Conversions und die Kundenaktivierung aus. Der Grund: Ein Chatbot kann mit den Kunden auf einer persönlicheren Ebene kommunizieren. Er stellt einen direkten Draht zum Trader her und gestaltet ihm den Alltag leichter. Doch nur ein Chatbot mit einer wohldurchdachten Architektur und hoch entwickelten Funktionalität kann bessere Ergebnisse für ein Unternehmen erzielen. In alte Technologien zu investieren, die sich auf die Beantwortung von FAQ-Fragen beschränken, wäre dagegen unklug. Denn die moderne Chatbot-Technologie bietet vielversprechende Möglichkeiten, um im Wettbewerb zu bestehen.

 

Portrait-Bild von Evgeny Sorokin, dem Leiter der R&D-Abteilung bei Devexperts, einem Entwickler von Handelsplattformen und Finanzmarktdaten-Lösungen für private und institutionelle Kunden.

Über den Autor
Evgeny Sorokin ist Leiter der R&D-Abteilung bei Devexperts, einem Entwickler von Handelsplattformen und Finanzmarktdaten-Lösungen für private und institutionelle Kunden.